Bisher ist es doch meist so: „Der Dienstleister hat alle Leistungen vollständig zu erbringen und nachzuweisen.“ Das sind alles unscharfe Formulierungen, wie sie in zahllosen Werkverträgen vorkommen. Aber was umfasst „alle“? Was ist mit „Leistungen“ gemeint? Was gilt als „vollständig“? Wie soll der Nachweis erfolgen?

Wie sähe hier eine Digitalisierungslösung aus? Und welche Folgen hätte sie – für den Vertrag, für den Markt, für die Zusammenarbeit? Darüber haben wir im Immobilien Manager mal laut  nachgedacht.

 

Die Digitalisierung und der Facility Services Vertrag

Seit 20 Jahren gibt es einen FM-Markt. Seit 20 Jahren klagen Auftraggeber, sie würden nicht die volle Leistung bekommen. Seit 20 Jahren monieren Auftragnehmer die Preisdrückerei. Ursache und Lösung für dieses Problem ist maßgeblich die Art und Weise der Leistungsvereinbarung zwischen beiden Parteien. Es gibt zahlreiche Initiativen, die Abhilfe schaffen wollen, aber am Ende des Tages hört man hinter vorgehaltener Hand doch immer wieder: „Hängt doch alles am Preis!“

Dreh- und Angelpunkt der Leistungsvereinbarung ist wiederum der Facility Services Vertrag, damit aber auch Teil der Lösung. Warum? Und können Digitalisierungseffekte Abhilfe schaffen?

 

Erstens: die Unschärfen im Vertrag

Bisher kommt am Ende des Bieterprozesses der Einkauf und fordert „So, jetzt nochmal 10 oder 20% runter.“ Kein Wunder, mit Savings wird der Erfolg des Einkaufs gemessen. Die Dienstleister, die den Auftrag wollen, haben wenig Interesse, dieses Spiel zu durchkreuzen. Und sie müssen auch nicht, denn verringerte Preise sind bei (natürlich!) gleichbleibenden Leistungen durch unscharfe Formulierungen im Vertrag jederzeit möglich, denn nirgendwo steht genau beschrieben, was wirklich geleistet werden muss, von wem und in welcher Zeit. Unschärfen sind gegeben, wenn in einem Vertrag etwa Formulierungen stehen wie „Der Dienstleister hat alle Leistungen vollständig zu erbringen und nachzuweisen“: Was umfasst „alle“? Was ist mit „Leistungen“ gemeint? Was gilt als „vollständig“? Wie soll der Nachweis erfolgen?

Das sind Unschärfen, die in nahezu jedem Werkvertrag vorkommen. Wie soll man so etwas kalkulieren? Wie soll man so etwas planen? Und vor allem: wie leicht ist es, in Phasen der engen Margen an der Leistung zu „schrauben“, ohne faktisch gegen den Vertrag zu verstoßen? Anders ist das Ausbleiben einer großen Pleitewelle unter den Service-Anbietern, trotz immenser Preissenkungen der letzten Jahre, wohl auch kaum zu erklären.

Die FM-Fachabteilung, die für rechtssicheren Betrieb, Nutzerzufriedenheit und bedarfskonforme Leistungserbringung sorgen soll, hat in diesem Spiel einen schweren Stand.

Aber wie sähe hier die Digitalisierung aus? Ganz einfach: vielleicht durch eine automatisierte Kalkulationssoftware, die vom Auftraggeber vorgegeben wird und alle Unschärfen in Schärfen verwandelt? Nur als ein mögliches Beispiel.

Digitalität würde helfen mit all ihren positiven Effekten auf Transparenz, Entscheidungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit. Stellen Sie sich vor, Servicekräfte leisten tatsächlich nur dann, wenn man eine Leistung XY benötigt. Und sie kommen auf effizienten Wegen, immer mit den richtigen Kompetenzen und Zugangsberechtigungen – kurz mit allem, was sie zur Sicherstellung von Leistungsfähigkeit ohne Umwege und doppelte Arbeiten benötigen. Das ist längst möglich. Es würde aber bedeuten, dass:

  1. Transparenz über die tatsächlich benötigte Leistungsmenge und deren Änderungsmöglichkeiten besteht
  2. der Markt es dem Auftraggeber ermöglicht, exakt an Bedarfen und Anforderungen orientiert zu bestellen
  3. es also ein Vergütungsmodell geben muss, dass dem Auftraggeber die Flexibilität ermöglicht und dem Auftragnehmer die Sicherheit gibt, seine Leute auszulasten – denn die muss er weiterhin vorhalten.

Ist das eigentlich wirklich gewollt? Oder ist die Frage nur noch, wann und wie diese Entwicklung Breitenwirkung entfaltet?

 

Zweitens: das Steuerungsverständnis

Wie sieht also der Weg dahin aus? Der Ball, der im Spielfeld der Auftraggeber liegt – und das nicht erst seit der Digitalisierungsdebatte, ist die Abbildung des eigenen Steuerungsverständnisses im Vertrag.

Um richtig steuern zu können, muss der Vertrag die sogenannten dispositiven Inputfaktoren berücksichtigen:

  • Implementierungs- und Planungsfreigabe
  • Dispositions- / Arbeitsvorbereitungsfreigabe

Sowie die erbringungsorientierten Outputfaktoren:

  • Kontrollen (Auftragnehmer) & Stichproben (Auftraggeber)
  • Abnahmeverfahren für Regelleistungen

Bis jetzt ist es doch so: wenn man sich zwischendurch mal umsieht und irgendwelche Mängel entdeckt, wissen sich die eigenen Leute am ehesten mit Beschwerden zu helfen. Dabei kontrollieren sie Ergebnisse, ohne dass diese in einem direkten Zusammenhang mit der tatsächlichen Leistung stehen und ohne dass sie unmittelbar nach der Leistungserbringung geschehen würden. Das sind Kontrollen, die man sich auch sparen kann, denn sie haben faktisch keinen Wirkhebel auf die Leistungserstellung.

Effizienz? Fehlanzeige.

Wer über die dispositiven Inputfaktoren steuert und danach (Regel-!)Leistungen vollständig abnimmt, der stellt sicher, dass der Dienstleister die Leistungserbringung vollständig organisiert und deren korrekte Ausführung auch kontrolliert. Diese Organisationsarbeit lässt man sich plausibilisieren, dann gibt man sie zur Ausführung frei (vergleichbar zu einer Baubeginnsanzeige, die ist ja auch üblich!) und DANN, ERST DANN erfolgt die Leistungserbrinung. In der Plausibilisierung, Freigabe und Abnahme liegt die Kraft dieses Steuerungsansatzes, denn wenn alle Dispositionsanteile erbracht sind, dann sind Mängel in der Ausführung in hohem Maße unwahrscheinlich.

 

Nun einmal im Detail:

Die Implementierung umfasst die komplette Durchführungsplanung über die gesamte Vertragslaufzeit, in der der Auftragnehmer aufzeigt, wie er Start up-Phase, Regelbetrieb und gegebenenfalls Leistungsänderungen organisiert. Diese wird durch den AG plausibilisiert und freigegeben.

Die Dispositions- oder Arbeitsvorbereitung stellt ausführungsscharf sicher, dass exakt die Leute, die zur Erbringung geplant waren, zur (und mit der) richtigen Zeit sowie vollständigem Material und Werkzeug auch wirklich erscheinen. Sie stellt Ausführung sicher – durch Krankmelde-Prozesseinhaltung, Freigabedokumente und so weiter und so fort.

Kontrollen und Stichproben erfolgen während UND nach der eigentlichen Leistungserbringung. Das heißt, sie sichten nicht immer nur ein Ergebnis – so schön es werkvertraglich auch beschrieben sein mag – sondern sie prüfen vor allem auch regelmäßig die Disposition, die eigentliche Art der Erbringung und natürlich auch das Ergebnis. Nur: kontrollieren tut ausschließlich der Dienstleister, er wird über den Verrechnungssatz dafür auch schließlich bezahlt, Stichproben macht der Auftraggeber – und zwar nur Stichproben.

 

Und schließlich gehört ein vollständiges Abnahmeverfahren für den Regelbetrieb in den Vertrag und in das Tagesgeschäft. Das umfasst die komplette Dokumentation des ganzen Leistungserbringungsprozesses – alle Dispositionen, sämtliche Leistungserbringungsnachweise, alle Kontrollnachweise des Dienstleisters, die Stichprobenergebnisse, Schulungsnachweise, et cetera, et cetera.

Diese Masse zu beherrschen ist ohne Digitalisierung schlicht kaum möglich. Die Tools dafür werden gerade entwickelt.

erschienen im „Immobilien Manager“